Bei einem Gesichtsbogen (Synonyme: Transferbogen, Übertragungsbogen) handelt es sich um ein Übertragungsgerät, das u. a. im Rahmen der Herstellung von Kronen, Brücken oder Prothesen verwendet wird. Mit dem Gesichtsbogen wird die Lagebeziehung des Oberkiefers zu den Kiefergelenken und zur Schädelbasis ermittelt und auf den Artikulator (Gerät zur Nachahmung der Kieferposition und der Kiefergelenksbewegungen) übertragen, in dem der Zahnersatz angefertigt wird.
Während die Gipsmodelle der Kiefer ohne das Anlegen eines Gesichtsbogens nach Mittelwerten montiert werden müssen, zielt die Verwendung des Artikulators darauf ab, die geplante zahntechnische Arbeit auf Basis möglichst individueller Werte entsprechend den anatomischen Verhältnissen des Patienten anzufertigen.
Die Konstruktion von Artikulatoren orientiert sich u. a. am Mittelwert des Bonwill-Dreiecks. Dieses wird gebildet vom Kontaktpunkt der unteren mittleren Schneidezähne und dem Mittelpunkt der Kondylen (Kiefergelenksköpfchen des Unterkiefers). Zur Kauebene bildet dieses Dreieck einen Winkel – den Balkwill-Winkel –, der im Mittel zwischen 20 ° und 25 ° liegt.
Mit Hilfe des Gesichtsbogens ist eine Individualisierung dieses Winkels und des Bonwill-Dreiecks möglich. Das Gipsmodell des Oberkiefers kann dadurch schädelbezüglich in den Artikulator montiert werden. In Abhängigkeit vom verwendeten Artikulatorsystem erfolgt die Positionierung des Gesichtsbogens am Patienten an einer von zwei möglichen, am Schädel definierten Ebenen:
- Frankfurter Horizontale (Synonyme: Deutsche Horizontale, Frankfurter Horizontalebene) – verlaufend durch den Unterrand der Orbita (Augenhöhle) und den Oberrand des Porus acusticus externus (des äußeren knöchernen Gehörgangs, der äußeren Ohröffnung) beidseits
- Campersche Ebene – verlaufend durch die Spina nasalis anterior (Dorn unten an der vorderen knöchernen Nasenöffnung) und den Oberrand des Porus acusticus externus beidseits
Die Individualisierung soll sich vorteilhaft auf die statische Okklusion (Schlussbiss) auswirken, woraus sich weniger nachträgliche okklusale Korrekturen (Korrekturen des Kaureliefs) durch Einschleifen ergeben. Hieraus wiederum resultiert eine Zeitersparnis bei der zahnärztlichen Behandlung und somit auch der Belastung des Patienten.
Hier sei erwähnt, dass die Gesichtsbogenübertragung allein nicht ausreicht, um möglichst fehlerfreie Okklusionsverhältnisse zu schaffen; die Verwendung des Gesichtsbogens ergänzt vielmehr eine sorgfältige Kieferrelationsbestimmung, mit der das Unterkiefermodell im Artikulator in die richtige Lagebeziehung zum Oberkiefermodell gebracht wird. Muss die vertikale Kieferrelation (Abstand der Kieferbasen) therapeutisch verändert werden, so wirkt sich die Gesichtsbogenübertragung klinisch relevant Fehler reduzierend auf die statische Okklusion (Schlussbiss) aus. Für die Individualisierung der dynamischen Okklusion (Kaubewegungen) hingegen müssen etliche weitere Parameter erfasst werden.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- zur Verringerung von Fehlern in der statischen Okklusion (Schlussbiss), insbesondere bei Veränderung der vertikalen Kieferrelation (Abstand der Basen von Ober- und Unterkiefer)
- bessere Simulation der individuellen Okklusionskontakte (Zahnkontakte beim Schlussbiss)
- zur Verringerung okklusaler Korrekturen an neuem Zahnersatz (Korrekturen am Schlussbiss durch Einschleifen)
- zur Verringerung der Adaptationszeit prothetischer Arbeiten (Eingewöhnungszeit)
- Zeitersparnis der okklusalen Adjustierung (Anpassung des Schlussbisses) im Rahmen der Schienentherapie, insbesondere bei größeren Veränderungen der vertikalen Kieferrelation
- u. a.